Deo Gratias -
Wein und Klostermauern

Während unseres Urlaubsaufenthaltes in Südfrankreich hatte ich mir vorgenommen, auch den französischen Wein etwas näher kennen zu lernen. Immerhin waren wir in einem Gebiet, in dem mehr als ein Drittel der gesamten französischen Weine produziert wird. Bei meinen Recherchen fielen mir zwei Zisterzienserklöster auf, denen auch ein Weingut angeschlossen ist. (Liegt ja auch nahe bei einem Pfarrer) Die Abtei von Valmagne und die von Fontfroide.

Wenn man Bilder der Kirche in Valmagne sieht, dann fällt einem sofort auf, dass sich in den Seitenschiffen und im Chor keine Altäre sondern Weinfässer befinden. Die Kirche wurde seit der Französischen Revolution als Weinkeller genutzt. Sie diente dem Winzer, der das gesamte Kloster erworben hatte, als Lagerraum. Seit über 200 Jahren liegen die Fässer in dieser Kirche. Gottesdienste werden keine mehr gefeiert.

Die Abtei Fontfroide ist auch seit langer Zeit in Privatbesitz und man kann neben dem Weingut auch die Klosterräume besichtigen. Beeindruckend, was die Mönche dort vor beinahe 1000 Jahren geschaffen haben. Und wenn man im Kreuzgang oder in der Klosterkirche steht, dann fühlt man etwas von diesem Geist Gottes, der hier mehrere hundert Jahre geherrscht hat. Heute finden höchstens noch Konzerte in den Klostermauern statt. Der Spitzenwein des Weinguts trägt den Namen „Deo Gratias“, was so viel heißt wie „Gott sei Dank“. Ein passender Name für einen Wein, der auf klösterlichem Boden gewachsen und gereift ist.

So sehr ich den Wein genossen habe, der dort angebaut wurde, so sehr hat es mich jedoch nachdenklich gestimmt, dass diese Klöster nur noch profan genutzt werden. Ihr ursprünglicher Zweck, Menschen zu beherbergen, die dort Gott loben, zu ihm beten, arbeiten und miteinander Gemeinschaft haben, spielt heute keinerlei Rolle mehr. Die Tradition hat den lebendigen christlichen Glauben abgelöst. Gemeinsames Leben unter dem Kreuz Christi ist nur noch ein Kapitel in der Historie dieser Orte.

Wie gut, dass diese Tradition des Lebens unter dem Kreuz Christi bei uns Bezirk Brackenheim seit vielen Jahrhunderten nie abgebrochen ist. Wie gut, dass es immer Menschen gegeben hat, die sich in unseren Kirchen um das Kreuz versammelt haben zum Gebet, zum Lobpreis, zur Gemeinschaft unter dem Wort Gottes. Wie gut, dass es immer Menschen in unseren Gemeinden gab, für die der Glaube an Jesus Christus Zentrum ihres Lebens war.

So sehr ich den französischen Wein schätze, noch mehr schätze ich es, wenn wir uns als Gemeinde ganz lebendig in unseren Kirchen versammeln. Gott gebe es, dass wir das noch viele Jahrhunderte machen dürfen.

meint Ihr

       Pfarrer Ulrich Harst, Meimsheim