Er erquicket meine Seele

 

„Er erquicket meine Seele“ – heißt es in den vertrauten Worten in Psalm 23,3. Wir dürfen davon ausgehen, dass hier Seele und Leib gemeint sind, Körper und Geist dazu, der ganze Mensch soll erquickt werden. In diesen Tagen der Sommerzeit mit Ferien und Urlaub und Sonne und Ernte lässt sich aufzählen, wie für uns Erquickung aussehen könnte. „Sommer“ lässt sich buchstabieren: im „Sommer“ steckt z.B. Sonne oder Sonnenbad, Mittelmeer wie „MM“, Muse oder Museum, und Erholung, Ernte oder Erlebnis. Das alles kann beitragen zu unserer Erquickung, wie wenn ich mich nach schweißtreibender Arbeit im kühlen Nass erholen darf unter der Dusche.


Wie beurteilen wir denn die Qualität unserer Tage? Ob wir mit Essen und Trinken und Unterkunft zufrieden waren, z.B. im Urlaub oder bei festlichen Anlässen? Ob wir mit unserer Arbeit zufrieden sind und das Getreide reif, trocken, in guter Menge und Qualität rechtzeitig in die Scheune bringen konnten? Ob wir ein Vorhaben nach Plan durchführen konnten und es termingerecht und ohne Mehrkosten zu Ende brachten? Wird die Qualität meiner Tage nicht auch davon beeinflusst, ob mir ein Lob zuteil wird oder ob es Ärger gegeben hat? Was freut mich, was erwärmt mein Herz, was erfrischt meine Sinne? Was gibt mir Mut und Hoffnung? Ein gutes Wort kann Vieles bewirken, ein stilles Einverständnis, eine Aufmunterung mitten in den üblichen Abläufen.


„Die Seele baumeln lassen“ – für viele ein Wunsch für den Urlaub und die Ferien. Und geradezu notwendig, um den Akku wieder aufzuladen. Wenn die Seele „baumelt“, ruht der ganze Mensch in sich und macht in seinem Innern Platz für neue Ein-drücke. Am besten für schöne Eindrücke, für den Sonnenunter-gang am Strand oder den Sonnenaufgang über den Bergen, für das wogende Ährenfeld, den Lavendelduft, das Vogelgezwit-scher. Auch wenn es romantisch klingt und vielen so fern von ihrem Alltag scheint, lässt es etwas ahnen von dem, was Gott vorhat, wenn ER unsere Seele erquickt – oder besser gesagt: wenn ER uns als Mensch aufrichtet und aufbaut.


Gottes Sinnen und Wirken reicht weiter als bis zur nächsten Ruhepause. In der Sommer- und Urlaubszeit dürfen wir immer wieder eine Ahnung bekommen, wie viel Gott dafür einsetzt, dass wir Erquickung finden. Seine Schöpfung dient unserem Aufbauen – mit den Zeiten des Abschaltens und Ruhens, mit der Schönheit der Farben und Eindrücke, mit der Fülle der Ernte von den Beeren über die Ähren bis zu den Trauben. In wunderbarer, dichterischer Weise malt uns das Paul Gerhardt in seinem alten Kirchenlied vor Augen (EG 503): „Die unverdroßne Bienenschar fliegt hin und her, sucht hier und da ihr edle Honigspeise; des süßen Weinstocks starker Saft bringt täglich neue Stärk und Kraft in seinem schwachen Reise. Der Weizen wächset mit Gewalt; darüber jauchzet jung und alt, und rühmt die große Güte des, der so überfließend labt nund mit so manchem Gut begabt das menschliche Gemüte. Ich selber kann und mag nicht ruhn, des großen Gottes großes Tun erweckt mir alle Sinnen; ich singe mit, wenn alles singt, und lasse, was dem Höchsten klingt, aus meinem Herzen rinnen“. Hier atmet Einer auf und ist erquickt. Und für den, der die Welt und sein Leben mit den Augen des Glaubens ansieht, schließt sich der Kreis: der Blick richtet sich auf die Quelle des Guten und Schönen, auf Gott selbst. Wie einer vom Glauben her die Qualität seiner Tage beurteilt, entscheidet sich an der Zufriedenheit vor Gott, am Frieden mit Gott. Ob im Strandkorb, in der Bergbahn oder auf dem Mähdrescher – unser Blick darf zu dem Gott gehen, der für uns Erquickung im Sinn hat, in einem tiefen Sinn. Erquickung, die uns heute trägt und erfrischt – und die um Jesu Christi willen weit über unsere Tage hinausreicht, bis zur Vollendung unseres Lebens: „In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen“.

 

In diesem Horizont wünsche ich Ihnen eine erquickende, erholsame Sommerzeit

mit vielen schönen Eindrücken und Gottes Segen.


Dekan Jürgen Höss

Brackenheim



Lavendel