Auferstehung
Manchmal stehen wir auf
Stehen wir zur
Auferstehung auf
Mitten am Tage
Mit unserem lebendigen Haar
Mit
unserer atmenden Haut.
Nur das Gewohnte ist um uns.
Keine Fata Morgana von Palmen
Mit
weidenden Löwen
Und sanften Wölfen.
Die Weckuhren hören nicht auf zu ticken
Ihre Leuchtzeiger löschen nicht
aus.
Und dennoch leicht
Und dennoch unverwundbar
Geordnet in
geheimnisvoller Ordnung
Vorweggenommen in ein Haus aus Licht.
Marie Luise Kaschnitz (Evangelisches Gesangbuch S. 262 )
Über die Auferstehung zu sprechen, fällt schwer. Wie sollen wir das Geschehen
in glaubwürdige Sprache setzen? Als historischen Bericht? Als individuelles
Erlebnis eines Zeitzeugen? Als bloßes psychisches Erlebnis?
Auch die
Evangelien schweigen über das „Wie“ der Auferstehung. Markus beschreibt in
seinem Bericht (Mk 16, 1-8) nur das Entsetzen der drei Frauen angesichts des
leeren Grabes und der Botschaft des Engels. Er beschreibt also ihr Schweigen.
Vielleicht gibt es keine Worte?
Marie Luise Kaschnitz (1901-1974) stellt sich der Aufgabe, ihr Ostererlebnis in Worte zu fassen. Sie beschreibt Auferstehung als ein Ereignis, das sich nicht erst nach dem Tod, sondern mitten im Alltag ereignet. Es trifft sie „mit Haut und Haar“, also ganz wirklich, aber nicht so, dass sich die Welt deshalb radikal verändern würde. Keine Flucht in ein „Paradies“, keine biblische Vision von zahm gewordenen Raubtieren. Kein Fallen aus der Zeit. Auferstehung geschieht im gewöhnlichen Alltag. Versuchsweise beschreibt die Dichterin diese Empfindung als „leicht“, „unverwundbar“, „geordnet“, verbunden mit dem Gefühl der Vorwegnahme, womit eine andere, jenseitige Dimension angedeutet sein soll.
Sie dürfen selbst entscheiden, ob Sie dieser
„Sprechversuch“ überzeugt.
Vgl.: Langenhorst, Georg: Gedichte zur Bibel, München 2001, S. 238ff.
Vikarin Claudia Kook