StartseiteAktuellesImpulse / Andachten2004Liebe – Gottes Lebensgesetz für die Welt

Liebe – Gottes Lebensgesetz für die Welt

„Was Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden.“ Dieser Satz entspricht der innersten Erfahrung der Liebe. In jeder Liebesgeschichte gibt es eine Zeit, in der beide wissen: Wir gehören auf Dauer zusammen, unsere Liebe ist stark wie der Tod.

 

Doch dass ausgerechnet Jesus so über Ehe und Liebe gesprochen hat! Er war doch gar nicht verheiratet, und von einer Liebe zu einer Frau ist nichts bekannt. Wahrscheinlich spricht Jesus von Liebe ohne Ende, weil er die Liebe unter Menschen in Beziehung setzt zur Liebe Gottes. Jesus hat entdeckt: Gottes Liebe ist ohne Grenzen. Sie macht auch vor Sündern und Kriminellen nicht Halt. Wahrscheinlich hat er deshalb so rigoros feststellen können: Auch die Liebe unter Menschen soll ohne Ende sein. Denn die Liebe ist das geheime Lebensgesetz der Welt. Letztlich müssten alle Menschen in Liebe zusammengehören, so wie Gottes Liebe alle umfasst: die Menschen, auch die verfeindeten, aber auch die Tiere und die Schöpfung.

 

Doch: Liebe ohne Ende - in der Wirklichkeit lässt sich das nicht immer durchhalten. Nach einigen Jahren ist die Liebe manchmal zu Ende. Aus den unterschiedlichsten Gründen. Erst das Glück und dann die Enttäuschung, erst der Hass und dann die Resignation. „So wie ein Traum scheint' s zu beginnen, und wie ein Schicksal hört es auf“, sagt Rilke.

 

„Was Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden.“ Das ist das eine. – „Wir haben uns auseinander gelebt.“ Das ist das andere. Ehen können kaputtgehen, und Liebe kann in Hass umschlagen. Dann kann es nicht Gottes Wille sein, dass zwei Menschen bis zuletzt beieinander bleiben müssen und sich so gegenseitig zugrunde richten.

 

Doch nicht jede Scheidung ist eine Lösung. Oft wird das Problem der alten Ehe in eine neue Beziehung mitgenommen. Partnerschaft muss man lernen, sie kommt nicht von heute auf morgen zustande. Und wenn die ersten Probleme kommen, muss man nicht gleich das Handtuch werfen.

 

An dieser Stelle kommt auch der christliche Glaube ins Spiel. Als Christ, als Christin, weiß ich, dass ich von Vergebung lebe und immer wieder auf Vergebung angewiesen bin - auch in der Ehe. Wer weiß, dass er selbst auch Fehler hat, wird auch seinem Partner Fehler zugestehen. Wer sich seine eigenen dunklen Seiten nicht verbergen muss, wird auch besser verarbeiten können, dass auch der Ehepartner nicht so ideal ist, wie er vielleicht einmal geträumt hat.

 

Liebe ohne Ende - das kann es auf Erden nicht auf Dauer geben. Aber ein Leben in Liebe mit dem Partner, den ich mir gewählt habe, das können wir lernen. Hilfreich dabei die Lebensweisheit von Albert Camus: „Seine Grundsätze soll man für die wenigen Augenblicke in seinem Leben aussparen, in denen es auf Grundsätze ankommt, für die meisten genügt ein wenig Barmherzigkeit.“

 

 

Hans-Joachim Janus

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