Die Weisheit der Kinder

Im Kindergarten unterhalten sich die Kinder mit der Erzieherin über Gott. „Gott wohnt im Himmel“, meinen die einen. „Gott wohnt auf der Erde unter den Menschen“, sagen die anderen. Schließlich löst ein kleiner Junge, dessen Vater Arzt ist, die schwierige Frage auf eine ganz lockere Art: „Wohnen tut Gott im Himmel, aber seine Praxis hat er in der Kirche!“
Der Junge hat es kapiert. Gott wohnt im Himmel aber seine Praxis hat er hier auf der Erde. Seit Himmelfahrt ist dies möglich. Seit Himmelfahrt können wir in der Nähe Jesu leben, weil er uns nahe ist. Und nicht nur in unseren Kirchen ist Gott am Werk, sondern bei jedem von uns, der ihn und seinen Geist bei sich wohnen lässt. Gott wohnt im Himmel, aber seine Praxis hat er da, wo Menschen in seinem Namen leben, handeln, denken, entscheiden und sich von seinem Geist leiten lassen.
Der Maler Sieger Köder hat dies in seinem Bild vom Pfingstwunder sehr anschaulich dargestellt. Ganz unterschiedliche Menschen sind am Bau des Reiches Gottes beteiligt und lassen sich einbinden. Dabei stellt Köder dem Pfingstwunder den Bau des Turms zu Babel gegenüber. Der Turm zu Babel ist im unteren Teil des Bildes zu erkennen. Dunkel sind die Personen gestaltet, ohne Verbindung zu Gott, traurig, ablehnend dem Evangelium gegenüber. So kann dieser Turm, der von unten nach oben konzipiert ist nur scheitern.
Ganz anders der Turm, der Bau, der an Pfingsten seinen Anfang genommen hat. Er wächst scheinbar von oben nach unten. Ganz unten Petrus, der Fels, der das Evangelium, die Botschaft von Jesus dem Gekreuzigten in den Händen hält. Darüber Menschen unterschiedlicher Konfessionen und ganz oben junge Menschen, die sich vom Geist Gottes erfüllen lassen.
Wo wir uns vom Geist Gottes leiten lassen, dort bauen wir an diesem Bau, am Reich Gottes weiter. Dort eröffnen wir ein neues Fenster, durch das dem Geist Gottes Raum auf dieser Erde gegeben wird.
Wo wir nicht aus unsrer Kraft in den Himmel bauen, in den Himmel kommen wollen, dort wächst das Haus Gottes auf dieser Erde und kann vielen Menschen Raum geben zum leben.
Wo wir auf dem Evangelium gegründet handeln, denken und entscheiden, dort geschieht auch noch heute das Pfingstwunder. Menschen verstehen sich und stimmen gemeinsam ein in das Lob Gottes, der uns mit seinem Geist erfüllt.
Gott wohnt im Himmel, aber seine Praxis hat er in der Kirche, dort, wo wir seinem Geist Raum geben.
„Komm, heiliger Geist, erfülle uns!“
Ihr Pfarrer Ulrich Harst