Glaube und Wissenschaft

Immer wieder, wenn man auf ganz normale erdgeschichtliche Abläufe oder auf die Abstammung von Menschen und Affen... kommt – immer wieder begegnet es mir, und in den letzten Jahren immer öfters, dass Leute hier Widersprüche zum christlichen Glauben unterstellen, die unüberbückbar seien. Doch so, wie man nicht mehr fragt, ob die Erde eine Kugel ist, so wird man vielleicht auch einmal entspannter mit den evolutionsbiologischen Ergebnissen der letzten 150 Jahre seit Darwin umgehen können. In der Graphik „Schöpfungs-Spiel“ wird das für Kinderbibelwochen längst schon so aufgenommen. Sicher ist noch nicht alles vollständig geklärt; aber wer in den da oder dort noch bestehenden Erkenntnislücken Gott entdecken wollte, der sucht ihn garantiert an falscher Stelle.
Denn Wissenschaft dreht sich um Dinge und Zusammenhänge, die man berechnen kann, und in diese Argumentation passt Gott schlicht nicht hinein. Er ist doch keine verrechenbare Größe! Die Rede von Gott liegt auf einer ganz ganz anderen Erkenntnisebene als der wissenschaftlichen: Auf welche Melodie Menschen ihr Leben singen, was für sie heilsam ist, befreiend und ermutigend – das ist eher die Ebene des Glaubens; darin hat die Naturwissenschaft wenig zu sagen. Aber die Entwicklungs-Geschichte des Lebens – das ist berechenbar; da sollen Glaubensvorstellungen nicht der wissenschaftlichen Forschung Vorschriften machen wollen.
Wann und wo Gott in der Evolution eingegriffen hat, das lässt sich sicher nie wissenschaftlich erheben. Dass er aber in allem am Werk ist, das kann mir keine Naturwissenschaft nehmen. Der Glaubende darf sich dran freuen, was geworden ist. Und singen: „Ich danke Gott, und freue mich wie’s Kind zur Weihnachtsgabe, dass ich bin, bin! Und dass ich dich, schön menschlich Antlitz habe!“ (Matthias Claudius).
Ja, und der „Schöpfungsbericht“ am Anfang der Bibel: „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde“ – soll er nicht mehr wahr sein? Doch! Wenn man ihm nicht völlig sinnwidrig  eine naturwissenschaftliche Beweislast aufzubürden versucht; sondern ihm seine eigene Würde belässt –  ihn das sein lässt,  was er schon immer war: Ein Lied der Dankbarkeit, in dem Gott als der Herr der Welt gefeiert wird und durch das Menschen immer wieder nachdenklich wurden über ihre Größe und ihre Verantwortung. Dafür ein Gespür zu bewahren – darauf kommt es immer wieder neu an.
Hermann Aichele-Tesch