StartseiteAktuellesImpulse / Andachten2008Wie ist das mit dem Unsichtbaren?

Wie ist das mit dem Unsichtbaren?

Paulus schreibt in 2.Kor 4,18, dass wir Christen Leute sind, die auf das Unsichtbare sehen! Das ist schon verrückt - mal nüchtern betrachtet. Wie soll das gehen: Sehen auf das Unsichtbare? Also entweder ich kann auf etwas sehen und dann ist es sichtbar, oder etwas ist unsichtbar und dann kann auch niemand darauf sehen - oder?

Wie so oft in der Bibel meint Paulus hier etwas, das unsere Alltagslogik weit hinter sich lässt. Denn hier ist nicht ein Sehen mit unserem optischen Apparat namens Auge gemeint. Dieses nämlich sieht genau genommen außerordentlich schlecht. Es kann z.B. weder UV- noch Infrarotlicht sehen. Über 90% des elektromagnetischen Spektrums bleiben ihm schlicht unsichtbar. Hat irgend jemand im Ernst wirklich erwartet, dass solche Schmalspuraugen wirklich in der Lage sein sollen, z.B. Gott zu sehen? Wo sie doch schon bei kleinen Dingen seiner Schöpfung überfordert sind? Wer halbwegs klar denkt, der erwartet gar nicht, dass Gott sichtbar sein könnte. Vielleicht nähern wir uns jetzt dem, was Paulus meint, wenn er vom Sehen auf das Unsichtbare redet. Es gibt ein außer- und übermenschliches Sehen mitten in unseren kleinen und engen Herzen, das kein Mensch sich selbst geben kann. Dieses kann Gott berühren, den Himmel offen sehen, ähnlich wie Stephanus bei seiner Steinigung. Dieses meint Paulus, wenn er vom hellen Schein redet, den Gott in unseren Herzen hat aufleuchten lassen. Oder wenn er von seiner eigenen Bekehrung erzählt, dass ihm leuchtend aufging die Herrlichkeit Gottes auf dem Angesicht Jesu Christi. Da sah er tatsächlich auf das Unsichtbare. Auf das, was nach des Apostels eigener Aussage kein Auge je gesehen, kein Ohr je gehört hat, und was noch nie in eines Menschen Sinn gekommen ist.

Und noch ein weiteres füllt unser Herz bei diesem Sehen auf das Unsichtbare. Dass allein das Unsichtbare ewig ist. Nicht wahr, das muss auch der verstockteste Atheist zugeben: Dass das Sichtbare samt und sonders zeitlich ist, und damit vergänglich. Sollten wir wirklich auf Zeitliches und Vergängliches sehen und setzen, und unser Leben auf Zeitliches und Vergängliches bauen, und unser Herz ans Zeitliche und Vergängliche verlieren? Wo wir in der Tiefe doch für die Ewigkeit gemacht sind? Das kann doch im Ernst keiner wollen!! Und so lasst uns Gefäß sein. Ein zwar irdenes, aber mit diesem himmlischen Sehen gefülltes Gefäß. Und dann gilt: Bei auch noch so großer menschlicher Blindheit für das Unsichtbare und Ewige, ist Gottes heller Schein in unseren Herzen immer noch größer. So kann's gelingen, so geschieht Erlösung, da ist Vollendung.

 

Pfr. Johannes Wendnagel