StartseiteAktuellesImpulse / Andachten2014Ich lebe und ihr sollt auch leben

Ich lebe und ihr sollt auch leben

 

Das Bild stammt von der Brackenheimer Johanneskirche auf dem Friedhof. Dort sind diese Worte in griechischen Buchstaben, der Ursprache des Neuen Testaments, am Turm in Stein gemeißelt.

Beim Gang der Trauergemeinde zum Grab sind dies die ersten Worte, die man lesen kann: ich lebe und ihr sollt auch leben.

Diese Worte sagt der, der alle Seiten des Lebens einschließlich Not und Tod erfahren hat.

Dies sagt der, der am Ostermorgen den Tod überwunden und neues Leben ans Licht gebracht hat: Ich lebe und ihr sollt auch leben. 

Jesus Christus hat uns eine Lebensperspektive eröffnet, die über den Tod hinausreicht, dort, wo wir Menschen nichts mehr ausrichten können, wo unsere Kraft nicht mehr ausreicht. Dieser Hoffnung werden wir uns in den Gottesdiensten im November, vor allem am Ewigkeitssonntag vergewissern.

 

Ich lebe und ihr sollt auch leben – diese Worte gelten aber nicht nur angesichts des Todes, sie gelten mitten in den Erfahrungen des Alltags. Es sind Abschiedsworte Jesu und sie erinnern uns daran, dass neben dem Tod auch andere Abschiede zu unserem Leben gehören: ganz normale, regelmäßige Abschiede nach einem Besuch, aber auch Abschiede, die nicht im Terminkalender stehen, die uns überraschend oder schleichend zugemutet werden und deren Folgen wir nicht übersehen, geschweige denn uns vorstellen könnten. Der Abschied von einem Beruf, in dem sich jemand unermüdlich eingesetzt hat und nun der gefürchtete Ruhestand. Oder die nicht mehr zu leugnende Tatsache, dass für einen älter werdenden Menschen auf einmal – man hätte das nie für möglich gehalten - die Kräfte spürbar schwinden, sodass bestimmte Unternehmungen nicht mehr möglich sind.

 

Oder gar die noch tiefer gehende, bittere Einsicht: ich muss meinen Wunsch, wieder gesund zu werden, endgültig begraben und nun mit dieser Krankheit leben.

Jesus macht mit seinen Worten seinen Jüngern deutlich: Auch wenn ich weggehe und nicht mehr leibhaftig bei euch bin, sollt ihr wissen: ich lebe und ihr sollt auch leben, ihr sollt an meinem Leben Anteil bekommen. Das ist kein Leben so recht und schlecht, sondern ein Leben mit Format, ein Leben aus Quellen, die wir nicht selbst gespeist haben.

 

Angesichts des Todes fragen wir: Gibt es ein Leben nach dem Tod? Und da sagt Jesus: Ja, ich lebe und ihr sollt auch leben, vertraut darauf.

Manchmal stellt sich für Menschen auch die Frage:

Gibt es ein Leben vor dem Tod?

 

Und auch da gelten Jesu Worte:

Ich lebe und ihr sollt auch leben, vertraut euch mir an.

Ich stärke euch mit meinem Trost, mit meiner Kraft,

mit meinem Geist, mit meiner Liebe, mit meinen Möglichkeiten.

 

Jesus Christus ist in unsere große und kleine Welt gekommen, damit wir aus seinem Geist, aus seinen Möglichkeiten leben können, wenn es gilt, das Leben zu ertragen oder aber auch das Leben zu gestalten.

 

Mit dieser Lebensperspektive wünsche ich Ihnen gute Wege im November

 

Pfarrer Alfred Essig, Brackenheim

 

 

Turminschrift Johanniskirche Brackenheim
Turminschrift Johanniskirche Brackenheim