Verschwendung

So lautet der Titel der diesjährigen Fastenaktion der Evangelischen Kirche. Ein merkwürdiger Titel für eine „Fasten"-Aktion, denkt man beim „Fasten" doch eher an Verzicht als an Verschwendung: Während der 40 Tage der Passionszeit verzichtete der fromme Katholik auf Fleischgerichte, woher ja auch der beliebte Karneval seinen Namen hat: „Ade Fleisch!" heißt Karneval ins Deutsche übersetzt.

 

Nicht zuletzt durch die Aktion „7 Wochen ohne" der Evangelischen Kirche erfreut sich in den vergangenen Jahren eine moderne Form des Fastens bei vielen Menschen einer wachsenden Beliebtheit: Verzicht auf liebgewordene, aber abhängig machende Gewohnheiten, wie das tägliche Viertele, die Zigarette oder auch das Fernsehen, soll einem wieder das Gefühl der Freiheit vermitteln, einem zu einer bewußteren Lebenseinstellung verhelfen.

 

Ungewöhnlicher ist das der Vorschlag dieses Jahres „7 Wochen ohne Geiz!" zu leben  - eben „Verschwendung" zu praktizieren. Diese Aufforderung macht damit ernst, dass Geiz bei uns oft eine andere Form der „Völlerei" ist, einer Lebenseinstellung, die alles für sich selbst haben will - und nichts von sich hergeben.

 

Die Aktion lädt dazu ein, einmal die Schnäppchenjagd sein zu lassen - und vielleicht auch etwas mehr Geld locker zu haben, um beim Einkauf nicht nur auf den billigsten Preis zu achten, sondern vielleicht auch darauf , dass der Produzent für seine Ware einen fairen Preis bekommt, dass das erworbene auch ökologischen Qualitätskriterien genügt. Bewusster Einkaufen - auch das kann eine Form des Fastens sein.

 

„7 Wochen ohne Geiz", das kann freilich auch heißen, mit seiner Zeit verschwenderischer um zu gehen. Einmal nicht nur dem Termindruck nachzugeben, sondern sich Zeit zu nehmen und Zeit zu lassen, das kann mir und meinen Mitmenschen gut tun.
Und vielleicht gehört dazu auch, dass ich etwas weniger geize, meine Zuneigung, meine Anerkennung zu zeigen. Das kann ein ganz neues Lebensgefühl sein.

 

Noch ein wenig weiter geht der Prophet Jesaja, wenn er das Fasten beschreibt, an „dem der Herr Wohlgefallen hat":

„Das aber ist ein Fasten, an dem ich Gefallen habe: Lass los, die du mit Unrecht gebunden hast, lass ledig, auf die du das Joch gelegt hast! Gib frei, die du bedrückst, reiß jedes Joch weg! Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus! Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn, und entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut!" (Jes 58,6-7).

 

Pfr. Jörg Kohler-Schunk